Radeln für die Villa Kunterbunt

From dawn till dusk - Radeln für die Villa Kunterbunt

Diabetes und Sport


Am Samstag, dem 20.06.2020 radelte ich 315 km durch Deutschland, Luxemburg und Belgien. Warum tut man sich so etwas an? Ganz einfach: Ich wollte den Menschen helfen, die mir vor einigen Jahren sehr geholfen haben, dem Team der Villa Kunterbunt.

Die Villa Kunterbunt

...ist ein Nachsorgezentrum für krebs-, chronisch- und schwerkranke Kinder sowie deren Familien und finanziert sich fast ausschließlich über Spenden. Auch ich wurde hier auf meinen ersten Schritten als Diabetiker sehr gut begleitet.
Durch ein Starkregenereignis im Juli 2019 wurde der Keller der Villa Kunterbunt vollständig überflutet.  Hier befand sich die liebevoll eingerichtete Werkstatt der Ergotherapeuten. Das Wasser drückte sich nach oben und stand fast kniehoch. Ausgestattet waren die Räume mit vielen Werkzeugen, Möbeln und Maschinen, die durch das Wasser unbrauchbar wurden und entsorgt werden mussten. Die Versicherung hat die Kosten zwar teilweise übernommen, allerdings fehlt es weiterhin an vielen notwendigen Materialien, Werkzeugen und Maschinen.

Spendenaktion? Na klar!

So entstand die Idee einer Spendenaktion. Die Spender konnten sich vor Samstag auf einen Betrag festlegen, welchen sie pro gefahrenem Kilometer zu spenden bereit seien. Zeit, um so viele Kilometer wie möglich zu sammeln, war von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang.

Am Vorabend stellte ich also schon mal alles bereit, was man so für eine Tagestour auf dem Rennrad braucht. Neben den Dingen, die wohl jeder mitgenommen hätte, wie einem Ersatzschlauch, Getränken usw., lag der Fokus bei mir natürlich auch auf meinem Diabetes. Neben einem Ersatzzuckermessgerät - man weiß ja nie, ob das CGM mal ausfällt -, war genügend Traubenzucker, Müsliriegel und ein süßes Getränk mit an Bord. Wohl wissend, dass ein 2. Frühstück in Luxemburg auf mich warten würde, musste ich mich zum Glück nicht wie ein Packesel auf Reisen machen.

Start um 5:20 Uhr

Die Frage: Warum tue ich mir das eigentlich an?

Ich startete dann morgens mit einem kleinen Frühstück in den Tag. Die Schwierigkeit hierbei bestand darin, dass ich meinen BE-Faktor morgens um kurz vor 5 nicht kannte. Davon abgesehen war klar, dass auch eine so frühe sportlich Betätigung eher ungewohnt für meinen Körper werden würde. Um es nicht zu kompliziert zu machen, aß ich 2 Vollkornbrötchen mit fettigem Belag (Käse), um ein schnelles Ansteigen des Blutzuckers zu reduzieren. Ich gab 2,0 Einheiten Insulin ab. Zum Vergleich: An normalen Tagen -ohne sportliche Betätigung- würde ich für das gleiche Frühstück ca. 7,5 Einheiten abgeben.

Pünktlich um 5:20 Uhr saß ich dann auf dem Rad. Begleitet von meiner Freundin, fuhren wir erstmal eine gemütliche Runde um den in der Nähe gelegenen See, ehe ich mich alleine Richtung Vennbahn, einem Radweg von Aachen bis nach Troisvierges (Luxemburg) aufmachte. Bis dahin sammelte ich knapp 160 km und über 1500 Höhenmeter. Trotz auf 30% reduzierter Basalrate, zeigte die Blutzuckerkurve immer wieder langsam nach unten. Darauf konnte ich allerdings, dank meines Traubenzucker-Magnesium-Wasser-Gemischs, gut reagieren. Nach ca. 70 km, als der erste kleine Hunger kam, konnte ich sogar, ohne Insulin abzugeben einen üppigen Müsliriegel verdrücken.

Die Tour

Bei strahlendem Sonnenschein traf ich dann in Troivierges auf meinen Papa + Family samt Villa Kunterbunt-Auto. Nach einem weiteren Käsebrötchen und einem kleinen Stück Marmorkuchen, wofür ich knapp 2,0 Einheiten Insulin abgab, machten wir uns dann auf den Rückweg. Ich merkte schnell, dass mein Zucker wieder absank und trat dem Ganzen mit einer kalten Cola entgegen (wie nötig die war, dürft ihr anhand des Bildes beurteilen ;-)). So pendelte sich mein Blutzucker langsam wieder ein.

Während ich langsam an mein Limit kam, profitierte ich sehr von dem Windschatten meines Vaters und von einer Portion Pommes nach ca. 250 km. Mir war klar, ich würde nicht wahnsinnig viel Insulin benötigen. 0,5 Einheiten direkt und nach einer halben Stunde weitere 0,5 Einheiten ließen mich meinen Blutzucker in einem angenehmen Bereich halten. Die Formel lautete hier: Sport + fettiges Essen = wenig Insulin.

Nach 315 Kilometern war dann mein Zuhause erreicht. Hier wurde ich mit Abendessen und einem Stück Torte empfangen. Das Abendessen war Rettung und Todesurteil zugleich. Es ging nichts mehr. Zuvor hatte ich mich sogar noch optimistisch gezeigt, nach dem Essen noch eine kleine Feierabendrunde zu drehen. Dazu kam es leider nicht mehr. Für das nächste Mal merke ich mir also: Solange der Körper auf fullforce steht, können ordentlich Meter gemacht werden. Sobald man ihn aber spüren lässt, dass die Anstrengung vorbei sein könnte, fährt er runter.

Trotzdem war der Tag ein riesen Erfolg. Ich hatte nicht nur für den guten Zweck über 2.000€ erstrampelt, sondern letztlich allen gezeigt, dass auch ein Körper mit Diabetes zu sportlichen Hochleistungen im Stande ist.

Was war dafür ausschlaggebend?

Training: Dank einigen zuvor gesammelten Kilometern, war ich mir sicher, dass mein Körper zumindest die 200 Kilometer gut mitmachen würde
eine strenge Überwachung des Blutzuckers: Ich stellte meinen Dexcom so ein, dass er mich warnte, sobald mein Zucker unter 100 fallen oder über 140 steigen würde.
Eure Unterstützung! Danke an alle Spender, die mir mit ihrer Spende geholfen haben, mich auch nach 270 Kilometern noch bergauf zu quälen. Danke an meine Freundin, die mich morgens begleitete und mich kulinarisch unterstützte. Danke an meinen Papa, Maria und die Kids für Windschatten, Verpflegung und Unterhaltung….
Es war mir eine Ehre! Solltest du Fragen zum Thema Diabetes und Sport haben, schreib mich gerne an! Ich freue mich über jeden Austausch, gebe gerne Tipps und hole mir gerne neue Denkansätze ein!